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Software-Standards für die gesamte Schiffbaubranche.

Um einen Software-Standard für die gesamte Schifffahrtsindustrie zu entwickeln, arbeitet Bachmann – als Teil der VDMA - Arbeitsgruppe „MTP im Schiffbau“ – in Kooperation mit Instituten und Zulieferern an modularen Automatisierungssystemen.

Die Schiffbaubranche steht heutzutage vor einem Paradoxon. Während die Modularität in den strukturellen Aspekten des Schiffbauprozesses steigt, steckt die Verwendung von modularer Software noch immer in den Kinderschuhen. Laut Ronald Epskamp, Maritime Business Unit Manager bei Bachmann electronic, ist es Zeit für eine Veränderung: „Die Interkonnektivität von Systemen ist extrem wichtig. Am Bau eines Schiffes sind viele verschiedene Ausrüstungslieferanten beteiligt, doch anstatt mit 30 oder 40 unverbundenen Systemen zu arbeiten, jedes mit einer anderen Oberfläche, ist es viel einfacher, eine einzige HMI (Mensch-Maschine-Schnittstelle) im Schiffmanagementsystem einzusetzen.“ Bachmann geht dieses Problem mit seiner Beteiligung an der VDMA-Arbeitsgruppe „MTP im Schiffsbau“ auf umfassende Weise an. „Unsere Ziele sind eine schnellere technische Umsetzung, Inbetriebnahme und Integration – und das alles mit zuverlässigen Lösungen“, fügt Burkhard Staudacker, Key Account Manager bei Bachmann, hinzu. „Mit MTP (Module Type Package) können wir diese Ziele erreichen.“

Bildunterschrift: Anwendungen, die aus MTP-Dateien importiert werden, sind sofort in der HMI verfügbar.

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Die Entwicklung eines Standards

Bachmann hat mit Bildungsinstituten und OEM-Lieferanten kooperiert, um ein modulares Automatisierungssystem und somit einen Software-Standard für die gesamte Schiffbaubranche zu entwickeln. Unter Verwendung seiner atvise® scada Plattform hat Bachmann bereits erfolgreiche Voruntersuchungen zum Import von MTP-Dateien von drei verschiedenen Ausrüstungsherstellern durchgeführt. Staudacker erklärt: „Direkt nach dem Import können OEMs ihre Ausrüstung gemäß ihrer bestehenden Visualisierung kontrollieren. Das ermöglicht es den Nutzern, ihre vorhandenen Bildschirme, einschließlich Grafiken, Symbole, Schaltflächen und Design, im Einklang mit ihrer Unternehmensidentität aufrechtzuerhalten.“ Das Bachmann-System wirkt sich auf die gesamte Lieferkette aus. 

Für OEMs erleichtert das MTP die Steuerung visueller Oberflächen von Teilanwendungen wie Strahlrudern, Getrieben und anderen Systemen. „Das geht so leicht, wie Ihren Drucker im Büro zu installieren. Es impliziert zudem eine vollumfängliche Systemabnahme, einschließlich der elektrischen Schnittstellen, während der Betriebsabnahmeprüfung“, so Staudacker. Für den Systemintegrator ziehen die Export- und Importfunktionen von MTP Kosteneinsparungen in Engineering, PLC, Visualisierung und Inbetriebnahme nach sich. „Darüber hinaus ist die Verkürzung der Inbetriebnahmezeiten von wesentlichem Vorteil für Werften; die Inbetriebnahme an Bord eines Kreuzfahrtschiffes wird beispielsweise um bis zu 400 Arbeitstage verringert“, fügt Staudacker hinzu. Der oberste Maßstab ist jedoch der Nutzen für die Schiffseigner. Neben geringeren Servicekosten durch weniger Konstruktions- und Inbetriebnahmefehler wird die Effizienz des Nachrüstungsprozesses dramatisch verbessert. Indem ein neues System via MTP implementiert wird, können die Eigner sicher sein, dass neues, nachgerüstetes Equipment „dieselbe Sprache spricht“ wie das bestehende Schiffsmanagementsystem.

Selbes Look-and-Feel

Das Schiffsbrückendesign steht einer ähnlichen Herausforderung gegenüber. Ein Brückendesign sollte mehrere Systeme von mehreren Zulieferern in eine kohärente und praktikable Konfiguration integrieren. In der Realität sind viele Brücken jedoch oft ineffizient statt benutzerfreundlich und können Fehler hervorrufen. Epskamp meint dazu: „Wenn ein Eigner die beste Lösung für seine Flotte wählt, kann es sein, dass er mehrere Lieferanten nutzt, die alle ihre eigenen Schnittstellen mitbringen. Doch man sollte dabei an die Besatzung denken – ihre Arbeit wird durch ein standardisiertes Framework und Arbeitsumfeld über die gesamte Flotte hinweg deutlich erleichtert.“ Bachmanns Zusammenarbeit mit dem norwegischen Designkonsortium OpenBridge geht dieses Problem mit einem Open-Source-Designframework an. Ziel ist es, sichere und effiziente Arbeitsbereiche mit nahtlosem Design und integrierten technischen Systemen zu erschaffen. Das Framework basiert auf Bachmanns atvise® scada Software mit zahlreichen OpenBridge-Funktionen. Eine dieser Funktionen sind vier verschiedene Bildschirmhelligkeitsstufen: Nacht, Dämmerung, Tag und hell. Das kann entscheidend sein, wie Neels Schueder, Anwendungstechniker bei Bachmann, erklärt „Wer schon einmal nachts im Ruderhaus eines Schiffes war, weiß, dass ein zu heller Bildschirm wirklich schlecht für die Augen sein kann. Das wirkt sich darauf aus, was man auf See erkennen kann.“

Bildunterschrift: Anwendung, die im Browser mit Widgets aus der OpenBridge-Vorlageerstellt wurde

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Zudem zeichnet sich ein OpenBridge-Bildschirm durch die Darstellungsqualität aus, die an die Anforderungen des Eigners angepasst werden kann. Schueder sagt: „In OpenBridge sind viele Elemente definiert. Die Besatzungsmitglieder auf der Brücke können Anwendungen personalisieren und das System gemäß ihren persönlichen Präferenzen anpassen, beispielsweise mit Motordaten, Ruderposition und weiteren Navigationskomponenten wie Karten.“ Ferner können Schiffseigner mit mehreren Schiffen ein einheitliches Look-and-Feel über ihre gesamte Flotte hinweg herstellen. Bachmann stellt Sicherheit bei OpenBridge an die oberste Stelle. Alarmmeldungen sind so detailliert, dass Nutzer umgehend ein Problem erkennen und lokalisieren können. So wird eine klare und wohldefinierte Reaktion möglich, wo ansonsten nach dem Prinzip Versuch-und Irrtum durch „Hot Swapping“ der Hardware vorgegangen wird. 

Ein weiterer Vorteil der Bachmann/OpenBridge-Kooperation ist, dass sie auf Open Source-Software basiert. Die einzige kundenseitige Investition ist der Kauf von Bachmanns atvise® scada Software und Schulung.„Wir hoffen, dass mehr Menschen anfangen werden, OpenBridge zu verwenden – die Zusammenarbeit mit unseren Kunden ermöglicht uns die fortlaufende Entwicklung neuer Funktionen“, merkt Epskamp an. „Das wird für die Kunden in Zukunft ein riesiger Vorteil sein.“

Der Schlüssel liegt in der Zusammenarbeit

Bei all seinen Automatisierungssystemen, darunter die Arbeit mit MTP und OpenBridge, strebt Bachmann in seiner kooperativen Art danach, eine breite Palette an Partnern zu vereinen, um Stärken und Initiativen zu teilen. Epskamp schlussfolgert: „Wir lernen von Schiffeignern und übertragen ihre Vorstellungen in handfeste Automatisierungslösungen, sodass wir hochwertige, vollends getestete Systeme erschaffen, wertvolle Entwicklungs- und Inbetriebnahmezeit sparen und eine treibende Kraft für die Automatisierung in der Schifffahrt werden können.“